Charkiw. Chronik des Angriffs auf die Stadt, der 12. Tag (07.03.2022) 08-03-2022 00:39

Die Nacht begann mit einem Luftangriff und Beschuss. Am heißesten war es in Saltiwka und Oleksijiwka. In Saltiwka wurde der Nowoslatiwskyj-Markt angeschlagen, in der Nähe des Einkaufzentrums „Ukraina“, was bereits an der Grenze zu den Saltiwka-Siedlungen (Einfamilienhäuser und zwei- oder dreistöckige Gebäude) ist. In Oleksijiwka und Pawlowe Pole traf es Hochhäuser und Studentenwohnheime. Die feindlichen Flugzeuge kamen angeflogen und bombardierten das Malyschew-Werk (mit geringen Schaden) und das Charkiwer Panzerwerk in Iwaniwka.

Auch die Gegend um den Platz (Majdan) der Helden der himmlischen Hundert wurde durch Bombardierungen schwer beschädigt. Dort befinden sich mehrere Architekturdenkmäler aus dem frühen 19. Jahrhundert. Die Gebäude des Berufungsgerichts, der Staatsanwaltschaft von Charkiw und der Militärkommandantur wurden beschädigt und einige Häuser zerstört. Die Jaroslawa-Mudroho -Straße, in der sich viele Verwaltungsgebäude befinden, wurde ebenfalls während des Luftangriffs beschädigt. Daneben steht auch die Jura-Uni (Schade ums Gebäude, denn das ist eine Sehenswürdigkeit. Überhaupt nicht schade um dieses blöde „Armenhaus“ – die Bildungseinrichtung, wo noch nach uralten sowjetischen Vorstellungen unterrichtet wird.)

Foto: Das Berufungsgericht von Charkiw am Platz der Helden der himmlischen Hundert

Beim Beschuss wurde auch das Gebäude „Slowo“ („Wort“) angeschlagen, ein Denkmal der Architektur und Geschichte von nationaler Bedeutung. Das Haus wurde mit dem Geld ukrainischer Schriftsteller gebaut. Sie wohnten und arbeiteten dort und dann sind fast alle für immer „verschwunden“, d.h. wurden von Sowjets festgenommen und erschossen… Dieses Haus ist ein Symbol der sogenannten ukrainischen „Erschossenen Renaissance“. Nach dem Sieg über Russen werden wir es definitiv wiederaufbauen!

Am Morgen gingen der Beschuss und die Luftangriffe weiter. Saltiwka wurde am stärksten beschossen. Es wird dem Erdboden gleichgemacht, wie kein anderer Stadtteil. Ja, es traf bis zur Krasnodarska-Straße, der „Grenze“ zwischen Saltiwka und Nemyschlja. Und das bedeutet, dass das GANZE Saltiwka von der Artillerie der Moskowiter durchgeschossen wird. Es gab auch einen Beschuss in Oleksijiwka, Pawlowo Pole, Rohan, Traktorenwerk, Zhukowskij und Pjatychatky.
Am Nachmittag hörte der Beschuss fast auf. Aber am Abend wurde er wieder intensiver (vielleicht sind die Verhandlungen gescheitert?). Generell haben die Einwohner von Charkiw eine Regelmäßigkeit bereits bemerkt: während der Verhandlungen werden die Schweinehunde tollwütig und feuern auf die Stadt mit dreifacher Wut. Heute früh war genau der Fall…

In Saltiwka und Oleksijiwka werden die humanitären Probleme immer akuter: immer mehr beschädigte Leitungen fallen aus – es gibt kein Licht, es kann Probleme mit der Wasserversorgung und Heizung geben. Mitarbeiter der Kommunalbetriebe reparieren die Leitungen so gut sie können, wofür ich ihnen herzlich danke. Aber in dieser Woche soll es wieder Minustemperaturen geben. Die Bewohner dieser Stadtteile werden frieren, besonders in beschädigten Gebäuden.

Generell gewöhnt sich die Stadt langsam an die Situation, aber immer aktueller wird ein anderes Problem – wie lange das noch dauern soll, denn viele Menschen haben bald kein Geld mehr, und es gibt keine Arbeit, es kann keine Arbeit geben – die Stadt ist durch den Beschuss und kaputte Leitungen gelähmt, es gibt im Moment überhaupt keine öffentlichen Verkehrsmittel. Manche überlegen sich jetzt auszuwandern, um sich woanders nach der Arbeit und nach einem besseren Leben umzuschauen. Fast die Hälfte der Bevölkerung hat schon die Stadt verlassen.

Der Krieg dauert an. Die Moskowiter versuchen vorzurücken (allerdings mit kleinen Streitkräften im Vergleich zu den ersten Tagen) und dabei die Stadt mit Artillerie und Luftangriffen niederzubrennen. Aber Charkiw stärkt seine Verteidigung, erhöht seine Kräfte und verbessert allmählich die Sicherheit in der Stadt (in den Stadtteilen, die nicht unter Beschuss stehen).

Die Moskowiter wurden auf einmal so frech, dass sie, quasi um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern, der regionalen Staatverwaltung die Kapitulation der Stadt und der Region vorschlugen. Man hat sie direkt dorthin geschickt, wohin das „russische Militärschiff“ schon unterwegs ist – das heißt „IDI NACHUJ“. Darüber hinaus schlugen die Russen einen humanitären Korridor nach Belgorod vor, mit der Möglichkeit, nachher in eine beliebige Stadt Russlands auszuwandern. Viele Busse warten an der Grenze (Grenzübergangsstelle Nechotejewka), aber weit und breit sieht man keine Flüchtlinge. Das heißt, es gibt da keine. Ich persönlich habe nichts dagegen, dass die Vertreter des Moskowiterlandes in die Richtung auswandern – jedoch mit obligatorischem Fingerabdruck und einem Vermerk in den Papieren „Kollaborateur“. Warum denn nicht?

Am schwierigsten ist die Situation in Isjum – die Stadt befindet sich an der Autostraße zwischen Charkiw und Slowjansk. Die Kontrolle des Feindes über diese Stadt kann eine Gefahr für die Gruppierung Nord der Operation der Vereinten Kräfte (OOS) in der Region Donezk bedeuten. Um die Stadt wird hart gekämpft. Die Innenstadt ist durch Luftangriffe und ständigen Beschuss praktisch zerstört. Viele Gebäude erlitten Totalschaden. Die Strom- und Gasversorgung ist ausgefallen, die kommunalen Versorgungsunternehmen funktionieren nicht, es gibt keine Lebensmittel und Medikamente, die Verbindung ist problematisch. In der Stadt hat sich tatsächlich bereits eine humanitäre Katastrophe entwickelt. Wegen ständigen Beschusses ist es auch unmöglich, die Stadt zu verlassen. Wer nur einmal durch diese Stadt durchgefahren ist, versteht: die Kontrolle über diesen Ort und seine Umgebung bedeutet zugleich die Kontrolle über den südlichen Teilen der Region Charkiw und über dem „Tor“ zur Region Donezk.

Gestern, am Ende der „Butterwoche“, wurde in der Stadt Perwomajskyj in der Region Charkiw eine Stoffpuppe von Chujlo verbrannt. Obwohl bis zum 24. Februar die Stadt sehr pro-russisch war. Den Moskowitern gelingt es, mit ihren eigenen Händen aus den Einwohnern der Ukraine blitzschnell eine ukrainische Nation zu erschaffen, die sie jahrhundertelang hassen wird. Was für ein phänomenaler geopolitischer Erfolg.

Die Proteste in den von Moskowitern besetzten Regionen Cherson, Saporischschja und Luhansk gehen weiter, und zwar unter Maschinengewehrfeuer von russischen Soldaten. In verschiedenen Städten und Städtchen gab es Verwundete unter Demonstranten. Echte Helden sind die, die mit ukrainischen Fahnen gegen die Maschinengewehre vorgehen; Es ist der Geist der Freiheit und die wahre Widerstandsbewegung gegen die Russen. Ich danke den Patrioten aus diesen Städten für ihren Widerstand gegen die Besatzer. Und selbst in Wowtschansk (Region Charkiw) wurde von unbekannten Patrioten ein russischer MT-LB verbrannt.

Den Darwin-Preis bekommt heute der prorussische Abgeordnete und ein einfacher Kollaborateur und Feind Eugenij Schewtschenka, der vor zwei Wochen erklärt hatte, er würde die Ukraine nie verlassen, heute jedoch vom Sicherheitsdienst der Ukraine festgenommen wurde, und zwar beim Versuch, ins von ihm verhasste Europa, nach Polen, zu fliehen. Mensch, sind sie alle berechenbar und feig!

Wir vertrauen unserer Armee – den Streitkräften, der Nationalgarde, der Territorialverteidigung, sowie unseren Freiwilligen, Medizinern, Rettern und Mitarbeitern der Versorgungsunternehmen. Wir unterstützen sie und danken ihnen für noch einen Tag Leben, den sie uns geschenkt haben. Wir geben unser Bestes für den Sieg über unseren ewigen Feind!

Serhij Petrow

 

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історик, аналітик Інформаційного Центру "Майдан Моніторинг" (сайт "Майдан"), громадський активіст, редактор української Вікіпедії