Charkiw. Chronik des Angriffs auf die Stadt, der 45. Tag (09.04.2022)

Noch ein Tag der Verteidigung Charkiws ist vergangen. Der intensive moskowitische Beschuss überwiegend nördlicher Stadtteile dauert an. Zugleich wacht das Leben im Rest der Stadt auf. Es gibt keine Angst, es bleibt nur Wut gegenüber dem Feind, aber auch Ruhe – teilweise, weil man sich an den Beschuss gewöhnt hat, teilweise, weil der Frühling kommt.

Die Intensität des raschistischen Beschusses lässt nicht nach. Am stärksten werden Saltiwka (vor allem Saltiwka Nord), Oleksijiwka, Pjatychatky und Zhukowskyj-Siedlung beschossen. Heute wurde auch auf Welyki Danyliwtsi, Pawlowe Pole, Sortuwalka, Horizont und Traktorwerk gefeuert. Es gibt auch zerstörte Wohnhäuser – von unbedeutenden Beschädigungen bis zur kompletten Vernichtung.

Ein beschädigtes Hochhaus in Charkiw. Foto: Hauptverwaltung des Ukrainischen Notdienstes in der Region Charkiw.
Ein beschädigtes Hochhaus in Charkiw. Foto: Hauptverwaltung des Ukrainischen Notdienstes in der Region Charkiw.

 

Raschisten beschießen Derhatschi und die Nachbardörfer – einige Wohnhäuser sind zerstört. Infolge des Beschusses im Dorf Slatyne sind zwei Menschen umgekommen.

Seit zwei Tagen verwenden die moskowiten in Charkiw die Streumunition, die mit Fallschirmen (wahrscheinlich 9М55К1) abgeworfen werden. Nach Angaben der Fachleute werden sie mit Mehrfachraketenwerfersystem „Smertsch“ gestartet und haben einen Wärme-Zielsuchkopf (sie zielen beispielsweise auf Autos). Beim herunterfallen geben sie keinen besonderen Ton aus, das heißt, dass die Menschen außerhalb des Unterschlupfs weniger Zeit haben, um darauf zu reagieren.

Nach Angaben der Stadtverwaltung sind 1716 Häuser in der Stadt beschädigt. Fast alle – bis auf ein paar hundert – sind Wohnhäuser. Unter den beschädigten und zerstörten Häusern gibt es ziemlich viele Einfamilienhäuser oder kleine ältere Wohnhäuser. Nach Angaben der Polizei wurden in der Region Charkiw 454 Personen von russen getötet, darunter 21 Kinder.

Unser Militär schießt moskowitische unbemannte Fluggeräte „Orlan“ ab, und heute wurde so ein Fluggerät zum Landen gezwungen. Obwohl sie immer höher fliegen, hat unser Militär erfreulicherweise gelernt, sie zu deaktivieren.

Der Stadtverkehr erinnert an die 1990er Jahre. Zahlreiche Autos, die unterwegs sind, zeugen davon, dass es keine großen Probleme mehr mit dem Treibstoff gibt. Es ist immer noch nicht das Verkehrsaufkommen von der Vorkriegszeit, aber dadurch, dass sich kaum jemand an die Verkehrsregel hält, lassen sich größere Kreuzungen (ohne Ampeln) schwer passieren. Daher gibt es viele Unfälle.

Morgens sind die kommunalen Reinigungsfahrzeuge unterwegs, die Schmutz und Staub aus der Stadt wegputzen. Mehrere Brigaden der kommunalen Reinigungskräfte arbeiten in verschiedenen Stadtteilen. Und das in der Stadt, die ständig beschossen wird! Zwar nur in ruhigen Stadtvierteln, aber trotzdem ist das sehr irritierend.

In einem Vorort bargen die Rettungskräfte aus den Trümmern den Kater Balbes. Er saß dort zwei Wochen und überlebte. In Borodjanka hält der Küchenschrank an der Wand, in Charkiw überleben Katzen unter Trümmern. Während Hunde infolge des Beschusses psychische Störungen aufweisen, verhalten sich Katzen so, als ob es keinen Krieg gäbe. Ich weiß nicht, wie sie es schaffen!

Anna Scharygina, eine der LGBT-Aktivistinnen in Charkiw, Organisatorin von Charkiw-Pride, führte heute eine Aktion vor dem ehemaligen moskowitischen Konsulat durch: sie brachte dorthin Sachen für Ehefrauen raschistischer Vergewaltiger. Das war stark und symbolisch! Und das Konsulat des Invasors wird es in Charkiw nie wieder geben!

In der Region wird immer noch bei Isjum und in Richtung Barwinkowe hart gekämpft. Offensichtlich der von raschisten angefangene Angriff gerät ins Stocken. Die Evakuierung von Losowa und Derhatschi geht weiter.

In dem vor kurzem befreiten Dorf Wilchiwka wurde ein raschistischer Massengrab gefunden. „Keine Verluste“, melden sie, aber zugleich findet man Massengräber derjenigen, die man scheinbar „nie verlässt“.

Aus den besetzten Teilen der Region bekommt man kaum Information. Erstens stören die moskowiter ukrainisches Netz, zweitens gibt es zurzeit keine besonderen Ereignisse. Mit Ausnahmen: Gestern Abend wurde das Auto des Leiters der Forstwirtschaft Wowtschansk Serhij Pijew beschossen, der dabei getötet wurde.

Es wird um Rubizhne, Kreminna und Popasna gekämpft. Diese Städte sowie Sewernodonezk und Lysytschansk werden beschossen. Es gibt Zerstörungen, Tote und Verletzte. Die Evakuierung Richtung Bachmut dauert an. Der raschistische Vormarsch an der Südflanke in Richtung Wuhledar und Welyka Nowosilka kommt auch ins Stocken – unsere Streitkräfte schlagen Angriffe der Invasoren zurück.

In den besetzten südlichen Gebieten findet ein Terror gegenüber ukrainischen Patrioten statt. Aus Cherson kommt man nach Mykolajiw nur, wenn man an feindlichen Checkpoints mit Zigaretten und Wodka „schmiert“. In den besetzten Gebieten gibt es zugleich Probleme mit Grundnahrungsmitteln…

Die Agentur für Staatssicherheit und Aufklärung Japans schloss „Azow“ von der Liste terroristischer und neonazistischer Gruppierungen aus, entschuldigte sich und erklärte, „Azows“ Eintragung in diese Liste basiere auf allgemein zugänglichen (verbundenen mit moskowern) Quellen. In Mai soll in Japan ein Manga „Kyjiws Geist“ annonciert werden. Somit wird unser heldenhafter Widerstand in der international sehr populären japanischen Kunst dargestellt werden.

Unruhig wird es in der russischen Region Kursk. Der lokale „Gouverneur“ erklärte, Ukrainer beschössen den Grenzposten aus einem Granatenwerfer. Man soll weniger saufen, dann wird einem weniger Unsinn im Delirium erscheinen.

Etwas Lustiges: Die moskowiter griffen endlich doch Charkiw an. Das Ziel der Offensive waren Karotten, Rüben und Weißkraut im Feldman-Ökopark (nördlicher von Pjatychatky und Ringstraße). Die „zweite Armee der Welt“ klaut den Tieren im Zoo den Fraß. Und wir haben uns noch über geklaute Unterwäsche und Waschmaschinen gewundert. Verdammte Krieger!

Den Darwin-Preis teilen heute:

die moskowiten, die schon zum zweiten Mal in Rubizhne einen Behälter mit Salpetersäure treffen. Die giftige Wolke geht zum zweiten Mal auf Invasoren. Spielen sie so oder sind sie Junkies, süchtig nach Salpetersäure? Hören sie nie Wetterberichte? Obwohl so ist es natürlich besser.

der prorussische Politiker aus Charkiw mischa dobkin, der immer eine „exzellente“ politische Intuition hatte. Nun wurde er auf einmal mitten im Krieg zum Diakon der russischen orthodoxen Kirche. Seine „Intuition“ ist immer eine gute Orientierung, denn alles, was er tut, erweist sich immer als Schwachsinn!

Helfen wir unseren Beschützern von den Ukrainischen Streitkräften, der Nationalgarde, Territorialverteidigung und anderen Verteidigungstruppen. Unterstützen wir diejenigen, die den Rücken der Armee halten. Passt auf euch auf! Glauben wir an die Ukraine!

Serhij Petrow

Über Сергій Петров 248 Artikel
історик, аналітик Інформаційного Центру "Майдан Моніторинг" (сайт "Майдан"), громадський активіст, редактор української Вікіпедії