Der Monat März läuft aus. Allmählich kommt der Frühling. Charkiw kämpft, verteidigt sich und lebt weiter.
Nach dem lauten gestrigen Abend und einer unruhigen Nacht war der Tag wechselhaft still. Der Beschuss von Saltiwka verursachte einen großen Brand – als Ergebnis der Zerstörung der Gasleitung. Nun haben 34 Tsd. Menschen in diesem Stadtteil kein Gas. Das war keine chaotische Schießerei, sondern eine zielbewusste Zerstörung der wichtigen Versorgungssysteme.
Am Morgen verstärkten die moskowiter ihre Beschüsse, in der Mittagszeit trat relative Ruhe ein, und danach fand noch ein aktiver Beschuss statt. Das Stadtzentrum wurde von einer Rakete getroffen, deren Explosion überall in der Stadt zu hören war. Es gab keine Opfer. Der Abend war überwiegend ruhig. Die Beschüsse und Artillerieduells gingen wellenweise. Die raschistischen Beschüsse waren auf Saltiwka, Pjatychatky, Oleksijiwka, Horizont und Traktorenwerk gerichtet.
Derhatschi samt der Umgebung werden ständig beschossen. Manchenorts gibt es Probleme mit Strom und Gas. Beschossen wurde auch die Siedlung Pissotschyn. Aber an diesem Tag wurden vier moskowitische Flugzeuge von den ukrainischen Luftkräften in der Region Charkiw vernichtet.
Nichtdestotrotz wacht Charkiw auf. Tagsüber sind mehr Menschen unterwegs. Das ist offensichtlich nicht überall so, aber generell doch. Es gibt Leute, die selbst in dieser Situation weiterhin Sport treiben. Jeder entspannt sich, wie er kann. Viele fahren jetzt Fahrrad. Die Fahrräder sind zu einem vollwertigen Verkehrsmittel geworden. Die Autofahrer lassen die Fahrräder vor. Immer mehr kleine lokale Läden öffnen in den vom Beschuss weniger betroffenen Stadtteilen. Am Nachmittag aber werden die Straßen wieder menschenleer, obwohl die Sperrstunde jetzt um 20 Uhr beginnt, nur die Haustierbesitzer führen abends ihre Schützlinge aus.
Die kommunalen Versorgungsunternehmen räumen das Stadtzentrum intensiv auf. Sie reagieren auch auf Anfragen der Bürger, die ausgeschlagenen Fenster mit einem beliebigen Material zuzumachen. Es gibt trotzdem ziemlich viel Glassplitter und Putz auf den Straßen, besonders dort, wo beschädigte Häuser stehen. Durch den ziemlich starken Wind werden die Mikroteilchen der zerstörten Baumasse herumgetrieben, was bei vielen Augenverletzungen verursacht. Es sieht so aus, dass die Einwohner von Charkiw, um die Sehkraft zu behalten, im Sommer Schutzbrille tragen werden. Aus beschädigten Häusern fliegen teilweise kaputte Fenster heraus, umso stärker, dass der Wind in den letzten Tagen immer stürmischer war. Es hängen auch gefährliche Gegenstände von beschädigten Häusern herab, die auf ein Auto oder gar jemandem auf den Kopf hinunterfallen können. Aber wenn man eine unbeschädigte Straße betrifft, herrscht da ein ziemlich normales Leben, nur hört man ab und zu den Widerhall der Explosionen.
Am 31. März begeht das Theater „Beresil“ sein 100. Jubiläum. Gefeiert wird jetzt jedoch nicht: Ein Teil des Ensembles sind zu freiwilligen Helfern geworden, ein anderer Teil verteidigt die Ukraine.
Auf der Autostraße Richtung Tschuhujiw wurden über 20 PKWs mit den von Russen erschossenen Zivilisten entdeckt. Es werden dort immer noch Minen entschärft, das geht sehr aufwändig und langsam voran. Dokumentiert wurde die Verwendung der neuen raschistischen „Springerminen“, die international verboten sind. Das sind Minen, die auf die Schritte des herangehenden Menschen reagieren.
Im Feldmans Ökopark ist ein Büffel-Paar beim Beschuss umgekommen. Das Kalb ist verwaist. Feldman, der früher überall über die zahlreichen Neonazis in der Ukraine herumerzählte, flucht jetzt über die raschisten. Eine merkwürdige Welt – eine merkwürdige Zeit …
Die Kämpfe in Isjum werden weitergeführt. Es gibt keine Möglichkeit, die Einwohner zu evakuieren bzw. mit dem humanitären Konvoi in die Stadt zu kommen. Nach Einschätzung der Lokalverwaltung bleiben dort von 15 bis 20 Tsd. Menschen, vor dem Angriff der Invasoren hatte die Stadt über 40 Tsd. Einwohner. Für die raschisten ist diese Richtung wichtig, sie verlegen hierher andere Militäreinheiten mit dem Ziel die Agglomeration der Städte Slowjansk und Kramatorsk zu umzingeln.
Deswegen hat man mit Präventivevakuierung der Zivilbevölkerung aus der Stadt Barwinkowe und der herumliegenden Dörfer begonnen. Es soll nicht, falls sich die Ereignisse negativ entwickeln sollten, noch eine Kleinstadt mit 10 Tsd. Einwohnern zum Mittelpunkt der Kampfhandlungen werden. Wir glauben, dass die Streitkräfte der Ukraine ein solches Szenario nicht zulassen werden!
Es dauern Kämpfe um Rubischne und Popasna. Lysytschansk und Sjewerodonetsk werden beschossen. Die Situation ist zwar schwierig, aber immerhin kontrollierbar.
Die Stadt Trostjanets im Gebiet Sumy wird allmählich nach der raschistischen Invasion in Ordnung gebracht. Die Stadtmitte ist stark beschädigt, mehrere Orte in der Stadt auch, sowie das Bahnhofsterrain. Gerade dort gab es einen starken Beschuss und harte Kämpfe. Im Allgemeinen werden moskowiter aus dem Gebiet zwischen Sumy und Ochtyrka von unseren Truppen konsequent an die Staatsgrenze der Ukraine zurückgedrängt.
Einig sind ukrainische Verteidigungseinheiten im Prozess der endgültigen Zurückdrängung der moskowiter über die Grenzen des Kyjiwer Gebiets auf die Straße nach Konotop. Die Kämpfe haben schon im Tschernihiw Gebiet begonnen. Kleinstädte und Dörfer werden befreit. Schritt für Schritt. Doch das Gebietszentrum Tschernihiw bleibt weiter halb umzingelt. Auch die humanitäre Situation ist in der Stadt schwierig.
Im besetzten Wowtschansk im Gebiet Charkiw dauert der Kampf der Einwohner gegen die moskowitischen dreifarbigen Lappen. Gibt es noch jemanden, der meint, es sei nicht von Belang, welches Symbol eine Stadt habe. Die raschisten berühren die auf die Stela an der Stadteinfahrt zurückgebrachte Inschrift Wowtschansk nicht. Es gibt gleichgesinnte Leute in der Stadt, die nach Möglichkeit einen gewaltlosen Widerstand den Besatzern leisten.
Im von raschisten besetzten Balaklija wollen die Einwohner nur ungern glauben, dass ihr Bürgermeister ein Verräter ist. Es gibt dort große Lebensmittelprobleme, aber Brot und Getreideprodukte kann man schon finden. Auf dem Land ernähren sich die Leute von Lebensmittelvorräten, die sie in Kellern aufbewahren. Die raschisten halten sich in einem der Krankenhausgebäude. (Die lassen die Krankenhäuser stehen, wenn eine Stadt sich ergibt, und die wissen ja zu genau, dass die Ukrainer diese Gebäude nicht zerstören werden. So ein Gesindel!)
Die moskowiter zogen sich aus dem Gelände um das Kernkraftwerk Tschornobyl zurück und aus Slawutytsch. Vorgestern übrigens ist in die Ukraine mit einem mehrtägigen Besuch der IAEO-Vorsitzende eingetroffen. Vielleicht ist der Grund gerade dies? Das weiß ich nicht. Aber solche und ähnliche Rücktritte bestätigen nur, dass es keinen Erfolg in diesen Bereichen gibt, dass sie nicht wichtig sind und ihre logistische Versorgung schwach, so dass es in gegebenen Umständen viel besser wird, die Militäreinheiten in einen anderen Ort (Donetzker oder Luhansker Gebiet) zu verlegen oder die Truppen vor einem neuen Angriffsversuch mit einer anderen Taktik auf Kyjiw umzugruppieren aus den Positionen, die von moskowitern gehalten werden. Es ist schließlich nicht meine Sache, solche Informationen zu analysieren, denn im Generalstab hat man ein Gesamtbild der Situation.
Heute wird dem Autor eines Videos über den Schlaf der braven „Armee“ auf dem Müllhaufen der Darwin-Preis verliehen. Nun, Armee ist wohl ein falsches Wort dafür, es ist in Wirklichkeit eine Terroristen- und Banditenformation von etwas, was eine merkwürdige Abkürzung DNR [Donetzker Volksrepublik]. Es interessiert mich eigentlich, wozu denn an die Bedingungen der Haltung von der terroristischen Macht zu appelieren? Damit da was geschieht? Es endet für sie alle gleich: sie werden sich höchstwahrscheinlich in die ukrainische Erde für immer legen.
Stehen wir im Dienst der Ukraine, unterstützen wir einander. Wir glauben an unsere Verteidiger. Helfen wir Freiwilligen, Medizinern, Rettungs- und Kommunaldiensten. Die Ukraine kommt als Siegesland aus diesem Krieg heraus!
Serhij Petrow