Charkiw. Chronik des Angriffs auf die Stadt, der 46. Tag (10.04.2022)

Im Allgemeinen war heute ein ruhigerer Tag. Nach drei Tagen starken Beschusses ließ seine Intensität heute nach. Das bedeutet nicht, dass es ihn gar nicht gab, aber weniger Beschüsse – weniger Zerstörungen und weniger Opfer. Man kann ein bisschen Atem schöpfen.

Im Vergleich zu gestern gab es weniger raschistische Beschüsse. Die Nacht war nicht ganz ruhig. Es gab Schüsse seitens der moskowiter, aber auch unsere Verteidiger antworteten würdig. Morgens war der Beschuss auch relativ kräftig und wellenartig, aber gegen Mittag hörte er in allen Stadteilen auf. Nur spät am Abend ging es wieder los. Am stärksten wurden Saltiwka (meist Saltiwka Nord), Welyka Danyliwka, Kulynytschi, Zhukowski-Siedlung, Pjatychatky, Oleksijiwka, Traktorwerk und Cholodna Hora beschossen.

Zerstörtes Verwaltungsgebäude in Derhatschi. Foto: Natalia Zubar
Zerstörtes Verwaltungsgebäude in Derhatschi. Foto: Natalia Zubar

Die relative Ruhe in Charkiw bedeutet nicht, dass auch überall gleich still war. Am stärksten wurde heute Derhatschi und Slatyne beschossen, wo heute dabei zwei Personen umgekommen sind, und innerhalb von zwei Tagen – fünf Menschen; sowie Solotschiw (der stärkste Beschuss seit dem Kriegsbeginn), unter anderem auch mit Streumunition, – beschädigt und zerstört wurden Wohnhäuser und ein Krankenhaus. In Zolotschiw wurden vier Menschen verletzt. Beschossen wurde auch die Siedlung Pissotschyn, wo zwei Menschen mit Splittern getötet wurden, es gibt Verletzte und Zerstörungen.

In der Nähe von Charkiw wurde die Verwendung durch moskowitern der verbotenen Minen mit verzögerter Detonierung dokumentiert.

In Charkiw ist Frühling, man sieht die ersten grünen Blätter. Das Wetter war heute angenehm warm. Es fehlt nicht an Waren, aber man kann nicht immer das ganze Warensortiment finden. Es geht selbstverständlich um die ruhigen Stadtteile. Aber einige Geschäfte mit Haushaltswaren sind schon in der ganzen Stadt geöffnet (dort, wo es keinen Beschuss gibt).

In den Stadtteilen, die unter Beschuss stehen, weisen die Menschen Selbstorganisierung auf. Unter ihnen gibt es Organisationstalente, die das Überleben in Bombenkellern gewährleisten, unter anderem auch die Versorgung mit Hilfsgütern. Solche Menschen werden auch nach unserem Sieg beim Aufbau des zerstörten Landes eine wichtige Rolle spielen.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sind im Dorf Wilchiwka in der Nähe von Charkiw, wo vor dem Krieg viele wohlhabende Menschen wohnten, die meisten Häuser beschädigt oder zerstört; stark beschädigt ist die Schule, kleine Dorfläden sind komplett vernichtet. Die „RuZZische Welt“ überrollte Wilchiwka…

Nach Angaben des Bürgermeisters Terechows sind unmittelbar in Charkiw 1.617 Wohnhäuser beschädigt. Die Gesamtzahl beschädigter Gebäude beträgt schon ca. 2.000.

Die Worte des Vorsitzenden der Charkiwer Regionalen Verwaltung Oleh Synjehubows, dass die Stadt gut geschützt sei, sind wahr. Das hiesige Militär hat vor, die moskowiter zu zerschlagen. Aber die Stadt wird weiterhin beschossen. Wie stark – das ist vorläufig unbekannt, wahrscheinlich doch ziemlich intensiv. Ob sie Charkiw angreifen oder nicht – weiß niemand. Daher soll jeder für sich entscheiden, ob man die Stadt verlässt oder nicht. Wenn Sie schwache Nerven haben, müde, erschöpft etc. sind – fahren Sie weg. Sie werden hier nicht helfen können. Letztendlich soll jeder seine Entscheidungen und Handlungen selbst verantworten. Aus Barwinkowe und Losowa wird übrigens die Bevölkerung weiterhin evakuiert.

Die Geschäftsführung des Feldman-Ökoparks erstattete bei der Polizei eine Anzeige wegen der Entwendung der Lebensmittel (Karotten, Rüben, Weißkraut) für 50 Tausend UAH. Die Polizei bestätigte, dass sie diesem raschistischen Verbrechen nachspüren wird.

Nun zur Lage in der Region: bei Isjum und in Richtung Barwinkowe dauern Kämpfe, die den moskowitern keinen Erfolg bringen. Ukrainische Artillerie hat dank der Luftaufklärung der Grenzsoldaten das raschistische Munitionslager vernichtet. Außerdem sollen dank unserem Militär die Konvois der moskowitischen Truppen dezimiert geworden sein (offiziell geht es um einen Konvoi, der sich Richtung Isjum bewegte). Zu allem Guten wurden in der Charkiwer Region mit Hilfe der britischen MANPADS Starstreak zwei raschistische Drohnen vernichtet. Die Region rools heute im wahrsten Sinne des Wortes!

Die moskowiter haben heute Balaklija beschossen – infolge des Beschusses kamen drei Personen um, davon ein 7-jähriges Kind, mehrere Wohnhäuser sind zerstört.

Erfolglos bleiben die moskowitischen Bemühungen, die Abwehr an der nördlichen Flanke der Operationszone der Vereinten Kräfte (Rubischne, Sjewerodonetsk, Popasna) – unser Militär hält die Verteidigung fest. Alle diese Städte jedoch sowie Lysytschansk stehen unter heftigem Beschuss. Eine ähnliche Situation gibt es an der südlichen Flanke der Operationszone der Vereinten Kräfte – die moskowitischen Versuche, durch Wugledar und Welyka Nowosilka durchzugehen, werden blockiert. In Mariupol dauern Kämpfe. Der verwundete Grenzsoldat in Mariupol sprengte sich zusammen mit dem Radiosender in die Luft, seine letzten Worte in Ether lauteten: Ruhm für die Ukraine! Ein großer Dank an diesen Helden, der bis zum letzten Atemzug kämpfte. Der Andenken an ihn wird ewig dauern!

Ruhm für die Ukraine!” – ist unser Slogan, der mehrere Gebrauchsfunktionen hat: es ist unsere Begrüßung, unser Kampfschrei und unser Abschied von gefallenen Kameraden. Nur wenige Länder der Welt haben einen solchen Slogan. Schon an der Konnotation lässt sich verstehen, dass es um Gleichgesinnte geht. Allmählich bringen wir der Welt diesen Slogan sowie die Achtung vor uns bei. Für uns ist der Satz mehr als ein Slogan, er ist der Ausdruck unserer Stellung sowohl zu unserem Land als auch zu uns selbst!

Die raschisten feuern weiterhin mächtig Raketen auf Dnipro Region und auf die Hauptstadt der Region Dnipro sowie Mykolajiw. Während des Beschusses wurden sechs Retter verwundet, am schwierigsten die Leiterin der Abteilung des staatlichen Rettungsdienstes in der Region Dnipro für Beziehungen mit Medien Jewhenija Dudka.

In den besetzten Gebieten verschwinden Menschen, sie werden gefoltert und getötet. In Cherson soll der lokale Untersuchungshaft in eine Folterkammer verwandelt worden sein. Ende März haben die moskowiter im Dorf Kapytoliwka bei Isjum den ukrainischen Schriftsteller, Freiwilligen und Wikipedia-Autor Wolodymyr Wakulenko und seinen Sohn, der am Autismus leidet, festgenommen und verschleppt. Ihr Schicksal ist nicht bekannt. Das ist der erste bekannt gewordene Fall der Entführung aus dem besetzten Territorium eines Wikipedia-Autors.

moskowiter geben den zwanghaft deportierten ukrainischen Bürgern raschistische Ausweise. Nach den Angaben der Ombudsmännin Ljudmyla Denysowa wurden bereits über 10 Tausend Büchlein mit dem zweiköpfigen Huhn verteilt.

In Cherson wollten die Menschen zum Gedenken der Opfer der raschistischen Invasion demonstrieren. Ihr Versuch endete mit Verscheuchen der Aktionsteilnehmer:innen mit Waffenschüssen. Zum Glück gibt es keine Verletzten. Im ebenfalls besetzten Hola Prystanj wurde ein Fussballturnier unter ukrainischen Fahnen durchgeführt.

Unruhig ist jetzt in moskowitischer Region Kursk. Ab morgen wird dort die gelbe Stufe der Terrorgefährdung eingestellt. Wollen die dort etwa nach ukrainischen Aufklärergruppen suchen?

Und zum Abschluss eine lustige Geschichte. Die moskowitische Drohne Orlan-10, die nach der Landung in den Besitz unseres Militärs geriet, scheint die brandneue in Skolkowo entwickelte Nanotechologie zu sein: als Kamera wird da die Spiegelreflexkamera Canon benutzt, als Tanköffnung ein Plastikflaschenhals mit dem an eine Schnur gebundenen Deckel. So coole f*cking Nanoentdecker!

Der Darwin-Preis geht heute an:

raschistische Propagandakreierer für ihren Versuch ein Video mit einem angeblich ukrainischen Agenten, der sich in Mariupol den raschisten ergab. Dieser Säufer vom Linken Ufer in Kyjiw wurde ziemlich schnell erkannt) auch an seiner Alkoholstimme hört man die Maskerade des Agenten sofort heraus. Der Höhepunkt der Geschichte ist das Tattoo mit einer Fledermaus, die, wie bekannt, Symbol der Staatlichen moskowitischen Aufklärerabteilung ist. Die ukrainische Aufklärungsabteilung des Verteidigungsministeriums hat auf dem Emblem eine Eule. Ein schöner Versuch, der aber nicht überzeugend war.

moskowitische Luftangreifer, die mit einer hochpräzisen Rakete Х-29 höchst präzise ein Plumpsklo in der Stadt Huljajpole des Zaporischschja Gebiets getroffen haben. Eine Toilette als strategisches Militärobjekt ist etwas Neues, obwohl für die moskowiter aus den entfernten Dörfern kann es wirklich etwas durchaus Unbekanntes sein …

Wir glauben an unsere ukrainischen Streitkräfte und Verteidigungskräfte der Ukraine. Helfen wir unseren Freiwilligen, Mediziner:innen, Retter:innen und Mitarbeiter:innen der Stadtwerke. Halten wir unsere Herzen heiß und unsere Köpfe kalt. Denn wir wissen: alles wird Ukraine sein!

Serhij Petrow

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історик, аналітик Інформаційного Центру "Майдан Моніторинг" (сайт "Майдан"), громадський активіст, редактор української Вікіпедії