Charkiw. Chronik des Angriffs auf die Stadt, der 67. Tag (01.05.2022)

Das einzige Stadtviertel, wo der Beschuss weiter dauert, ist Saltiwka, denn die raschisten halten Tsyrkuny sowie Rusjki und Tscherkasjki Tyschky unter Kontrolle. Die Stadtverwaltung wandte sich an die Saltiwka-Einwohner an, dass sie ihre Verstecke tagsüber möglichst nicht verlassen. Eine recht komplizierte Situation ist im Isjum-Bezirk des Charkiwer Gebiets.

Während der Tag für Charkiw ruhig war, gibt es viel Beschuss in den Vororen. moskowiter feuern auf die Siedlungen Prudjanka, Slatyne, Derhatschi und Mala Danyliwka, feuern auf das stark ruinierte Rusjka Losowa. Aus der Stadtgemeinde Derhatschi meldet man über mindestens einen Verletzten.

Auch halten moskowiter die Siedlungen der Dorfgemeinde Solotschiw unter Beschuss, nämlich Solotschiw selbst, Udy, Baraniwka und Odnorobiwka. Am Abend wurde Solotschiw beschossen, dabei kam wegen des Direkttreffers ins Haus ein Mensch um, vier Häuser sind zerstört, weitere sechs Häuser beschädigt. Beschädigt ist auch die lokale Kirche. Zum wiederholten Mal bereits haben die moskowiter die Schule in Udy beschossen. Das Schulgebäude steht seit 112 Jahren, es hat den 2. Weltkrieg überstanden. Diesmal gab es zwei Treffer und als Folge ist ein Brand ausgebrochen. Die Schulmensa ist zerstört und die Wohnhäuser beschädigt. In Baraniwka trafen die Geschosse ein Agrarunternehmen, das Zerstörungen erlitt, in Odnorobiwka wurde im Beschuss eine Person verwundet. Auch das Territorium der Stadtgemeinde Bohoduchiw wurde beschossen, ein Personenwagen wurde getroffen, von den Passagieren ist ein Mensch tot und zwei Personen verletzt.

Immer mehr Fragen hat man an die Verwaltung betrefflich der humanitären Hilfe. Es fehlt an der ausreichenden Zahl der Vergabepunkte, vor den vorhandenen Punkten stehen die Menschen lange Schlangen. Dabei wurde bereits mehrmals bemerkt, dass die gleichen Personen (meistens gesunde starke Männer) sich mehrmals am Tag anstellen, um die humanitäre Hilfe zu bekommen. Es gibt tatsächlich reale Systemprobleme mit der Verteilung der humanitären Hilfe.

In Charkiw herrscht Frühling, wenn auch etwas kühler Frühling. Ich habe mich beim Gedanken ertappt, dass ich die zwei Monate kaum etwas normales, nicht zerstörtes fotografiert habe. Wahrscheinlich sollte man auch die Normalität für den Kriegsarchiv fixieren.

Die kirchliche Gedenkwoche beginnt und ich kann das Grab meiner Eltern nicht besuchen. Ich weiß nicht einmal, ob es das Grab noch gibt. Meiner Eltern Grab befindet sich am Friedhof Nr. 17, wo gerade Kampfhandlungen geführt werden. Wie traurig das auch ist, ist es unsere Realität.

Jeden Tag beschießen die raschisten die Stadt Barwinkowe. Dort ist das Stadtzentrum stark beschädigt, in der Stadtbibliothek gab es vor einigen Tagen einen Brand. Wie traurig ist es, wenn die Bibliotheken brennen, wenn wertvolle Materialien, die nirgendwo anders zu finden sind, vernichtet werden…

Traurig ist die Lage auch in den vorläufig besetzten Orten des Charkiwer Gebiets. In Balaklija sind alle Krankenhäuser voll mit verwundeten Besatzern. Mit dem Medizinpersonal wird folgendes dort gemacht: wer bereit ist, die Besatzer zu behandeln, bleibt im Krankenhaus, alle anderen werden in die raschistischen Einheiten an der ersten Frontlinie geschickt.

Über meine Informationsquellen habe ich erfahren, dass in Buhajiwka der Stadtgemeinde Wowtschansk die einheimischen von den moskowitern in einen Klub unter Zwang zusammengebracht wurden, und solange die Menschen im Klub waren, plünderten die moskowiter ihre Häuser aus. Mindestens zwei Personen mit proukrainischen Ansichten gelten als verschollen. Keiner im Dorf weiß, wie ihr Schicksal ist, ob sie noch leben und wenn ja – wo sind sie.

Nach mühsamen und langen Verhandlungen mit der Teilnahme von UNO- und Rotes-Kreuz-Vertretern hat man in Mariupol mit der Evakuierung der zivilen Stadteinwohnern begonnen, die sich auf Asowstal aufhielten. Heute wurden etwa Hundert Personen evakuiert, am Montag soll die Evakuierung fortgesetzt werden. Das ist eine wunderbare Nachricht. Man kann darauf hoffen, dass die Schrecken der Mariupoler in den Kellern des Asowstal bald zu Ende sind.

Es gibt weitere unruhige Ereignisse in moskowien. Erstens ist die Eisenbahnbrücke auf der Bahnlinie Lgow Kijewskij – Gotnia zusammengestürzt. Eine Brücke zu erneuern wird mindestens einige Tage dauern. Und das ist eine der Bahnlinien, über die die Militärkräfte und technische Mittel übertragen wurden. Außerdem gab es einen großen Knall im Militärlager bei Tomarowka im Bjelgorod Gebiet. Schon wieder rauchte jemand in einem ungeeigneten Ort. Der 1. Mai ist in den Grenzgebieten mit der Ukraine zu einem rot markierten Tag im Kalender geworden – im wahrsten Sinne des Wortes.

Den Darwin-Preis erhält heute ein Typ, der ohne Dokumente und mit Besatzungsfotos im Handy in die U-Bahn runterstieg. Der ist natürlich sofort festgenommen worden. Gehirn hat er wohl kaum.

Ich danke unserem Militär für noch einen Tag. Wir glauben an die Streitkräfte der Ukraine und an die Verteidigungskräfte der Ukraine! Wir werden den Sieg erringen!

Serhij Petrow

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історик, аналітик Інформаційного Центру "Майдан Моніторинг" (сайт "Майдан"), громадський активіст, редактор української Вікіпедії